1947 - 1957


Von Beginn an waren es die großen Interpreten und die Treue der Konzertbesucher, die die Veranstaltungen des Kleinen Konzertrings sicherten. Dank der Verbindungen mit dem Städtischen Musikverein gab es schon für die erste Saison die ungewöhnlich hohe Anzahl von 209 Abonnenten, die Konzerte mit hervorragenden Künstlern ermöglichte. Die ersten Konzerte fanden im kleinen Saal des Landratsamtes, des ehemaligen Wehrbezirkskommandos an der Osterwicker Straße statt. Dieser Saal diente der englischen Besatzungsmacht als Gerichtssaal. Bei 200 Plätzen und kalkulierten Gesamtkosten von 4003.- RM für die Saison 1947/48 wurde von den Engländern ein Abonnementpreis von 20.- RM genehmigt. Mit dem Wiederaufbau der aus dem Jahre 1927 stammenden Stadthalle fand der Kleine Konzertring ab dem 19. Konzert am 9. Mai 1950 dort den geeigneten Raum für seine Konzerte. Seither gab es mehr als 200 Konzerte in der Coesfelder Stadthalle. Die Konzerte fanden mit ihrer hohen Qualität immer mehr Liebhaber und Abonnenten aus allen Bevölkerungsschichten Coesfelds sowie aus seiner Umgebung.

Die Rheinische Post aus Düsseldorf schrieb 1954 unter „Initiative“
Abseits von den ausgetretenen Straßen des westdeutschen Kulturlebens gibt es bisweilen schlichte Ereignisse, über die einen Moment nachzudenken sich verlohnt. Zum Beispiel dieses: 500 Abonnenten zählt der „Kleine Konzertring“ in Coesfeld, einer westfälischen Landstadt, die kaum eine andere Bedeutung hat, als Verwaltungsmittelpunkt einer Reihe von Bauernschaften zu sein. Das Interesse der Obrigkeit an musischen Dingen ist gleich null. Da tritt Privatinitiative auf den Plan. Ein Volksschullehrer, ehemals Student der Essener Folkwangschule in ihrer Gründerzeit unter Schulz-Dornburg, bringt aus dem Städtchen und vom flachen Lande ringsum eine Kammerkonzertgemeinde zusammen, die sich das Beste leistet, was Interpreten von europäischem Rang und Ruf zu bieten haben. Ohne einen Pfennig öffentlichen Zuschuss. Er holt die Vegh-, Amadeus- und Koeckert-Quartette, das Seemann- und das Hansentrio, die Klaviergrößen Erdmann, Sherkassky, Elly Ney und Monique Haas, die Sänger Schlusnus und Fischer-Dieskau und wer sonst noch bisher nur auf dem anspruchsvollen Kammermusikpodium in den Großstädten zu hören war. Das Wagnis gelingt. Zum Stamm der Begeisterten, die sich um die Eintrittskarten bemühen, zählt nicht nur der „Gebildete“, sondern ebenso der deftige Münsterländer Bauer. Die große Kunst schlägt also auf den Dörfern Wurzeln. Was vor der Währungsreform als „nahrhafte“ Betätigung einzelner Solisten naserümpfend bekrittelt wurde, zeigt sich heute in einem anderen Licht. Es scheint, als sei, angeregt von der „Konservenmusik“ des Rundfunks, allgemein der Hunger nach dem originalen musikalischem Erlebnis wachgeworden, nach dem lebendigen Kontakt mit den Mittlern, die uns die Ätherwellen anonym verbergen. Das Coesfelder Beispiel besagt nichts anderes. Soll man da nicht doch an den kulturellen Fortschritt glauben?
A. v. D.
Es wäre in diesem kurzen Streifzug nicht angebracht, einzelne Veranstaltungen des Kleinen Konzertrings herauszustellen, zumal sie in den folgenden Kapiteln vollständig aufgezählt sind. Soweit sie allerdings für die Entwicklung des Kleinen Konzertrings von Bedeutung sind, sollen sie auch hier Erwähnung finden. Bereits im ersten Jahrzehnt seines Bestehens hatte der Kleine Konzertring Coesfeld Künstler zu Gast, die den Konzertring weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt machten. Neben den oben Genannten die Cellisten Enrico Mainardi und Gaspar Cassado, die Dirigenten Karl Münchinger und Christoph Stepp. Die Durchführung solcher Konzerte war besonders in den ersten Jahren mit großem Aufwand verbunden. Ein Flügel für das 2. Konzert am 8. Dez. 1947 musste beispielsweise mit einem Pferdefuhrwerk von Gescher nach Coesfeld gebracht werden. Neben Geld war auch ein Sack Hafer erforderlich. Der Flügel brauchte vier Tage bis er sich davon erholt hatte und die Stimmung hielt. Die verpflichteten Künstler übernachteten anfangs privat im Hause des Veranstalters. Die herzliche familiäre Aufnahme in Coesfeld, und die liebevolle Herrichtung des Konzertsaals schafften eine Atmosphäre, die auch von den Künstlern sehr geschätzt wurde und bei ihnen noch heute als ein Markenzeichen des Kleinen Konzertrings gilt. Um die Konzerte sicherer finanzieren zu können, wurden Rücklagen gebildet, indem populäre Großveranstaltungen vor die eigentliche Konzertreihe gestellt wurden. So traten mehrfach die Wiener Sängerknaben und andere Kinderchöre auf und lockten bis zu 1000 Zuhörer in die Stadthalle. Darüber hinaus wurden aus diesen Rücklagen Beiträge für die Beschaffung eines Konzertflügels und für den Wiederaufbau der Jakobi Kirche zur Verfügung gestellt. Auch andere Aktivitäten des Kleinen Konzert-rings fallen in die Zeit von 1947 - 1957. Unter dem Namen des Kleinen Konzertrings wurden zwei Kunstausstellungen organisiert, die eine in der Notkirche von St. Jakobi mit dem Berliner Künstler Eriksdun und die andere im Kreishaus mit dem in dieser Region bekannten Maler Helmut Kowalski. Auch die Aufführung des Requiems von Mozart durch die Singgemeinschaft Bäumer sowie ein Jazzkonzert des damals über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannten Hans Koller Quintetts waren Veranstaltungen des Kleinen Konzertrings. Die Saisons 48/49 und 55/56 umfassten jeweils acht Veranstaltungen teils innerhalb, teils außerhalb des eigentlichen Konzertabonnements. Diese Anzahl und Vielfalt konnte auf längere Sicht nicht gehalten werden.


Textvorlage: Dieter Westendorf, Bearbeitung: Claudia Jung
Bei Fragen: Dieter Westendorf oder webmaster@konzertring-coesfeld.de
Letzte Änderung: 25. 10. 2007

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